Offener Pfarrabend

Donnerstag, 15. April 2010 – 19:00 bis 20:00 Uhr

Gelegenheit zum Gespräch über die Kirchenkrise

im Pfarrsaal

Dies soll ein Ort sein, um die berechtigte Wut, den Zorn und die Enttäuschung über die Missbrauchsfälle in der Kirche abladen zu können.

Da uns in der Pfarre Aspern - angefangen vom Kindergarten und Hort über MinistrantInnen bis hin zu den Firmlingen viele Kinder und Jugendliche anvertraut sind, wollen wir positiv darlegen, wie wir auf ihre Würde achten und den jungen Menschen Nähe und Distanz in rechter Weise vermitteln wollen.

Fragen und Statements, Austausch, Gespräch und Informationen sollen an diesem Abend Vorrang haben.

Den Abend wollen wir mit einem Fürbittgebet in der Kirche um 21.30 Uhr beenden.

„Mit österlichen Augen sehen“

Jozef NiewiadomskiFür mich ist Kirche wichtig, weil ich in der Kirche das Geschenk der "Österlichen Augen" bekommen habe und weil - so paradox es heute klingen mag - nur die Kirche diese "Österlichen Augen" in unserer Welt auch pflegen kann. So wie man unmöglich alleine Fußball spielen kann, kann man auch unmöglich alleine glauben und die "Österliche Sicht" auf das Leben im allgemeinen und die Erfahrung des Versagens im besonderen pflegen. Momentan erliegen wir einem gefährlichen Trugschluss, wenn wir dazu neigen zu glauben, die Kraft der "Österlichen Augen" sei besser in unserer Öffentlichkeit aufgehoben als in der Kirche.

Die Öffentlichkeit lebt zuerst aus der Kraft der Illusion über die Möglichkeit des grenzenlosen Aufstiegs einerseits und aus der Kraft der Skandalisierung über den Fall und das Versagen anderseits. Deswegen kennt sie ja nur die "Helden" und die "Versager", die "Reinen" und die "Schweine".

Deswegen unterstellt sie gerade der Kirche eine "Reinheit", die sie selber in ihrem Glauben nie beansprucht und prangert an ihr die Schweinerei sondergleichen an. Die Kirche war, ist und auch wird bleiben: eine "sündige Kirche". Und die "österlichen Augen" sehen in ihr und in der Welt von heute: weder die "Reinen", die sich das Versagen nicht leisten können, deswegen dieses auch verschleiern müssen, noch die "Schweine", die immer eine willkommene Projektionsfläche bleiben werden. Die "Österlichen Augen" nehmen Menschen wahr: Menschen, die auch schuldig werden können. Mit "Österlichen Augen" beschenkt, wird der Täter zu seiner Schuld stehen und sich dem "Gericht" stellen. Mit "Österlichen Augen" begnadet wird auch das Opfer zur Versöhnung finden.

Jozef Niewiadomski
Dekan der kath. theologischen Fakultät der Uni Innsbruck

Macht und Machtmissbrauch

Elisabeth RathgebElisabeth Rathgeb ist seit 2004 Seelsorgeamtsleiterin der Diözese Innsbruck und die einzige Frau in dieser Position in Österreich. In Wien sprach sie über ihr Amtsverständnis und über die These, ob Frauen in Leitungsämtern die Missbrauchsskandale verhindert hätten. Das Thema Frauen in kirchlichen Ämtern wird zunehmend aktuell. Eine größere weibliche Präsenz in der Entscheidungsebene hätte möglicherweise "den Vorhang männlicher Verschwiegenheit" angesichts der zahlreichen Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen zerrissen, schrieb die Historikerin Prof. Lucetta Scaraffia in einem Titelbeitrag des "Osservatore Romano" Anfang März. Frauen seien eher bereit, Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch zu verteidigen, begründete die Wissenschaftlerin ihre These. In entsprechenden Positionen hätten sie schweren Schaden von der Kirche abwenden können.

Als gelernte Theologin weiß Elisabeth Rathgeb, "dass man in der Kirche nicht von Macht, sondern von Dienst spricht". Das Kirchenrecht sagt, Kirchenamt sei jedweder Dienst, der durch göttliche oder kirchliche Anordnung auf Dauer eingerichtet ist zur Wahrnehmung eines geistlichen Zweckes. "Je deutlicher und bewusster wir den Begriff Macht verwenden, desto besser können wir damit umgehen und desto weniger kann Macht auch missbraucht werden", betont die Seelsorgeamtsleiterin. Und: "Ich sehe eine Chance, dass es eine gerechtere Verteilung von Macht in Zukunft gibt, die durch Ermächtigung passiert."

Im frühen Christentum sei die Kirche in der Frauenfrage voraus gewesen, heute sei die Lage umgekehrt. "Wenn es gelingt, dass Frauen und Männer in der Kirche in den Dialog kommen, geschieht eine ganzheitliche Sichtweise. Das hätte es einen Unterschied gemacht im Bezug auf den Umgang mit Missbrauchsfällen", sagt Rathgeb.

Elisabeth Rathgeb
einzige Seelsorgeamtsleiterin Österreichs

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