So lebt Liturgie

Jänner 2023

„Die Gottesdienste nicht zuplanen und zutexten“

Papst Franziskus ruft immer wieder die Bedeutung der Liturgie als grundlegende Dimension für das Leben der Kirche in Erinnerung. Was das konkret bedeutet, erläutert Petra Pories,  Pastoralassistentin in Wien-Aspern, im Gespräch mit dem SONNTAG.

„So lebt Liturgie! Geistvoll feiern statt kunstvoll Vorschriften befolgen“: Unter diesem Thema stand am 19. Jänner 2023 eine Podiumsdiskussion in Klosterneuburg, zu der das Pius-Parsch-Institut, die Liturgiewissenschaftliche Gesellschaft Klosterneuburg und das Katholische Bildungswerk Wien eingeladen hatten. Mit Univ.-Prof. Ewald Volgger OT (Katholische Privat-Universität Linz) und Univ.-Prof. Andreas Redtenbacher CanReg (Klosterneuburg/ Vallendar) diskutierte Petra Pories, Pastoralassistentin in Aspern.

„Geistvoll feiern statt kunstvoll Vorschriften befolgen“: Ist dies wirklich ein Gegensatz oder hängt das eine mit dem anderen zusammen?

Petra Pories: Nein, „kunstvolles“ Vorschriften-Befolgen und „geistvolles“ Feiern widersprechen einander nicht, sondern gehören zusammen. Nur „stures“ Befolgen von manchmal vermeintlichen Vorschriften kann ein Problem sein. Statt „Vorschriften“ verwende ich lieber den Begriff „liturgische Ordnung“. Es ist doch gut, dass es schriftliche Texte gibt, etwa im Messbuch, an denen wir uns festhalten können. Nicht für jede Feier müssen wir alle Gebete und Bibelstellen neu zusammenstellen, das erspart viel Arbeit und schützt auch vor persönlichen Vorlieben und „Hobbys“ einzelner Personen, die dann alle Versammelten „ausbaden“. Menschen haben außerdem ein Grundbedürfnis nach Sicherheit und Orientierung, wollen sich auskennen und zurechtfinden. Die gemeinsame Feiergestalt ist auch ein Kennzeichen unserer Liturgie weltweit. Überall können wir daher mitfeiern und uns zumindest halbwegs zurechtfinden.

Paul M. Zulehner betonte schon vor Jahren, dass es „gottvolle und erlebnisstarke“ Gottesdienste braucht. Passiert das in Ihrer Pfarre?

Ich bin überzeugt, dass dies in der Pfarre Aspern vielfach geschieht, in allen unseren drei Teilgemeinden: St. Edith Stein/Seestadt, St. Martin und St. Katharina. Eines ist klar: Wir können einen Gottesdienst nicht „gottvoll“ machen, dies dürfen wir Gott getrost überlassen, doch natürlich die Möglichkeiten dafür schaffen, dass Menschen dies erfahren können. Denn Gott ist ohnehin dabei, nur wir nicht immer mit ganzem Herzen. Und: Menschen haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Vorstellungen von „erlebnisstark“. Eine kraftvolle Musik, Beteiligung von vielen Mitwirkenden, Einbinden unterschiedlicher Gruppen und unsere Asperner „Sprachen-Vielfalt“ und Kreativität tragen hoffentlich viel zu einem gottvollen Erlebnis bei.

„Ich finde es wichtig, dass Frauen aktiv Gottesdienste mitgestalten.“

Inwieweit „gestalten“ Sie Liturgie?

In St. Katharina gestalten unsere ehrenamtlichen Musiker und Musikerinnen jeden Sonntag liebevoll und durchdacht die musikalischen Teile der Heiligen Messe. Bei uns sind besonders die Psalmen, bestimmt ein gutes Erbe unseres langjährigen Pfarrers Georg Stockert, beliebt und werden ganz unterschiedlich ausgeführt. Außerdem wichtig und immer wieder praktiziert: kurze persönliche Worte der Lektorinnen und Lektoren zu den Lesungen, aktuelle Fürbitten, die auch Sorgen von Gemeindemitgliedern einbinden, Elemente für Kinder, beispielsweise Glocken läuten zu Beginn und bewegte Bibelgeschichten. Unser Pfarrer Robert Rys lädt gern die Kinder und natürlich auch alle anderen Mitfeiernden ein, vor dem Hochgebet ein persönliches Danke an Gott zu sagen.

Wie und in welchen Formen können Frauen „geistvoll feiern“?

In St. Katharina gibt es beispielsweise einen eigenen monatlichen Abendgottesdienst, der von Frauen und mehrheitlich für Frauen gestaltet wird. Die „Segenszeit“ bietet viel Stille, Tanz und Gebet rund um ein Bibelwort, verbunden mit ausführlichem persönlichen Segen. Frauen bringen sich in Aspern außerdem selbstverständlich in allen liturgischen Diensten ein und sind laut unserem Pfarrer Robert Rys wesentlicher Teil der Pfarre. Ich finde es wichtig, dass Frauen nicht nur vorbereiten, sondern auch aktiv Gottesdienste mitgestalten, zu Wort kommen und auch Feiern, etwa Andachten oder Wort-Gottes-Feiern, selbst leiten.

Wann „lebt“ Liturgie?

Wenn alle sich willkommen fühlen und, wenn sie möchten, eine besondere Aufgabe übernehmen können. Wenn Raum für Gottes Wirken offen bleibt, die vertikale Dimension spürbar ist und nicht alles „zugeplant und zugetextet“ wird. Momente der Stille und auch Spontanität sind dafür wesentlich. Wichtige „Zutaten“ sind auch Empathie für die Mitfeiernden und ebenso Herz und Liebe für die, die uns fehlen und an die wir auch betend denken – etwa in den Fürbitten.

Stefan Kronthaler

Mehr zur Vielfalt der Liturgie: pius-parsch-institut.at

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