Endlicherkreuz in der Lobau

„Drunt in der Lobau, wenn ich das Platzerl noch wüsst” - schwärmt der Komponist Heinrich Strecker in einem Wienerlied und spricht vielen aus der Seele. Badehungrige, Angler, Jäger, Nudisten, Wanderer u.s.w. betrachten den Auwald und seine Gewässer als Paradies für Erholungssuchende.

Doch in der so friedlich scheinenden Landschaft haben sich schon so manche Tragödien abgespielt, eine davon in den letzten Tagen des Jahres 1934. In der oberen Lobau, am Herzoghaufen, zwischen der Dechantlacke und dem Fasangarten Arm steht am Aurand ein schlichtes Holzkreuz. Es soll an den Waidmann August Endlicher erinnern, der lieber mit Bleistift, Zeichenblock, Pinsel und Palette als mit dem Gewehr durch das Revier ging. Er war mit Leib und Seele Maler, doch den "künstlerischen Durchbruch" schaffte er nicht, so fühlte er sich von seinen Zeitgenossen unverstanden. Seine Zeichnungen wurden zwar in der Jagdzeitung abgedruckt. Aber der Wunsch, einmal seine Bilder öffentlich auszustellen, blieb für ihn unerfüllt. Auch von der Wiener Sezession bekam er einen abschlägigen Bescheid. Seine Vision, die geschundene und verwundete Kreatur, egal ob Mensch, Tier, Baum oder Strauch, sowie den Hubertushirsch im verklärten Zustand darzustellen, wollte ihm Freud (selbstkritisch wie er war) nicht und nicht gelingen. Trost und vermeintliche Inspiration suchte er immer öfter im Alkohol.

Als er an einem kalten Dezembertag das Forsthaus verließ ahnte keiner seiner Jagdkollegen das nahende Unheil. Knapp vor dem Schrödertor stürzte er und blieb liegen - konnte - oder wollte er nicht mehr? Am Morgen des nächsten Tages fand man ihn, erfroren am Wegrand. Forstleute setzten an dieser Stelle ein Holzkreuz - das Endlicherkreuz.

Johannes Holba