Zahnpastatube und Zuhören

März 2024

Psychologin Mag.a Szilvia Tauber-Knöll und Lebens- und Sozialberaterin Charlotte Kozuh-Schneeberger von der Beratungsstelle auf.leben zu gelingenden Paarbeziehungen.

Kann eine Paarbeziehung an der offenen Zahnpastatube scheitern?

STK: In der Phase der Verliebtheit werden störende Gewohnheiten oder Eigenschaften des anderen ausgeblendet. Sobald der Beziehungsalltag einkehrt, kann die sprichwörtliche offene Zahnpastatube dann auf die Nerven gehen. Solche Dinge können eine Beziehung belasten, selten aber zum Scheitern bringen. Das tun eher divergierende Werte, Prioritäten, Untreue, Unehrlichkeit, mangelhafte Kommunikation und Ähnliches. Sie können auf Dauer zu einer Kluft zwischen zwei Menschen führen.

CKS: Die Zahnpastatube kann aber Stellvertreterin sein für unterschiedliche und unerfüllte Bedürfnisse: Einerseits nach einem ordentlichen zu Hause oder dem Bedürfnis nach Anerkennung der eigenen Bemühungen, die gemeinsamen vier Wände genießbar zu machen; andererseits wenigsten zu Hause frei von Regeln und Zwängen zu sein. Für eine harmonische Beziehung ist es unumgänglich, auch die Bedürfnisse des:der Partner:in zu kennen und zu achten.

Sind christliche Ehen glücklicher oder langlebiger?

STK: Was ist mit christlicher Ehe gemeint? Eine Ehe, die aus Tradition in einer Kirche geschlossen wurde? Oder eine Ehe, in der einer oder beide Partner praktizierende Christen sind?

Praktizierter Glaube, der auch in die Beziehungsgestaltung einfließt - zum Beispiel, indem man sich gemeinsam vom Glauben geleitet in der Kirche oder im sozialen Umfeld engagiert - kann eine große Ressource und eine starke Basis für Partnerschaft oder Ehe sein. Aber auch Ehen oder Beziehungen ohne christlichen Hintergrund können auf der Basis gemeinsamer Werte gut gelingen.

Können Paarbeziehungen auch zwischen Gläubigen unterschiedlicher Religionen oder zwischen Gläubigen und Ungläubigen gelingen?

STK: Dieses Thema erscheint auf den ersten Blick vielleicht nicht so maßgeblich, wie es tatsächlich ist. Gerade hier gilt  es, ausführlich zu kommunizieren und manches auch auszuhandeln. Beide Partner sollten sich klar machen, was jedem einzelnen wichtig ist und wie weit der andere bereit ist, das mitzutragen. Wie stelle ich mir den gemeinsamen Alltag vor - unter der Arbeitswoche, an den Wochenenden? Wie praktiziere ich meinen Glauben, wie der andere. oder was bedeutet das, wenn der andere keiner bestimmten Konfession angehört oder umgekehrt? Wie und in welchem Glauben erziehen wir unsere Kinder? Welchen Stellenwert hat praktizierter Glaube im Familienleben?

Wie verhindere ich, dass jeder Streit gleich die Partnerschaft gefährdet?

STK: Kleinere und größere Differenzen kommen in den meisten Partnerschaften vor und dürfen auch sein. Es kommt darauf an, wie man währenddessen und danach miteinander umgeht. Können wir einander zuhören, ohne uns bereits Gegenargumente zurechtlegen? Sachlich bleiben? Respekt wahren? Eine abweichende Meinung akzeptieren oder stehen lassen? Auf den anderen zuzugehen, auch wenn ich mich verletzt fühle?  Um Verzeihung bitten, wenn ich den anderen verletzt habe? Aus wiederkehrenden Differenzen Konsequenzen ziehen? Kompromisse eingehen? Wer einen oder mehrere dieser Punkte im Beziehungsalltag lebt, trägt viel zu einem gelingenden Miteinander bei.

CKS: Meinungsverschiedenheiten wachsen oft, wenn wir Äußerungen oder Handlungen unseres Gegenübers falsch interpretieren. Dem kann ich entgegenwirken, wenn ich darüber diskutiere, was ich beobachtet habe - und nicht, was ich glaube.

Oder wenn ich voraussetze, dass mein Gegenüber weiß, was ich möchte. Das ist meistens nicht der Fall! In Wirklichkeit wissen wir oft selbst gerade gar nicht, was wir möchten. Wie sollte es dann der andere wissen? Wenn ich mir zunächst selbst klar darüber werde, was ich mir erwarte, kann ich das dann klar und deutlich als Bitte kommunizieren.

Wann ist in einer Beziehung der Punkt gekommen, sich professionelle Hilfe – zum Beispiel bei Ihnen – zu holen?

CKS: Spätestens, wenn man aneinander vorbei redet oder sich unverstanden fühlt, ist es an der Zeit, Unterstützung von außen zu holen. Wir helfen, einen klaren Blick zu bekommen und eine gute Gesprächsbasis zu schaffen. Der Blick von außen kann auch helfen, neue Perspektiven und Möglichkeiten zu entdecken.

STK: Besser früher kommen als wenn die Gräben schon sehr tief sind.

Wer kann sich an Sie wenden und was kostet es?

STK: Unser Angebot steht allen offen: überkonfessionell und nicht nur Paaren oder Familien, sondern auch Einzelpersonen. Ein Anruf oder E-Mail genügt, um einen Termin zu vereinbaren. Können wir einen Anruf nicht gleich beantworten, so rufen wir zurück. Wir arbeiten auf Spendenbasis.

auf.leben, 1220, Maria-Tusch-Straße 11, efl.tuschstrasse@edw.or.at, Tel: +43(0)676/363 71 76

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