„Froh, dass es dich gibt“
November 2023
Vor 50 Jahren, am 1. November 1973, ist das Direktorium für Kindermessen erschienen. Petra Pories nimmt dies zum Anlass, einen „Brief“ an dieses wegweisende Dokument zu schreiben - für herder.de.
Liebes Direktorium!
Wie schaffst du es, mit 50 Jahren in vielem so frisch und jugendlich zu bleiben? Könnte es daran liegen, dass dein Dasein eher versteckt und ruhig verläuft?
In meiner Kindheit und Jugend habe ich unzählige „Kindermessen“ miterlebt und mitgestaltet, ohne von dir zu wissen. Erst im Theologiestudium habe ich von dir gehört – zunächst wurdest du erwähnt, gelesen habe ich dich noch später – und im Laufe der Jahre dich dann immer mehr schätzen gelernt. Zu deinem besonderen Geburtstag schreibe ich dir daher gern gute Gründe auf, warum ich mich über dich immer noch und immer wieder freue. Gerne erzähle ich dir auch, wie wir in unserer Gemeinde Sankt Katharina von Siena in Wien-Aspern unterwegs sind, deine Hinweise und Anregungen umzusetzen.
Meine Auswahl hier ist freilich subjektiv – wer dich als Ganzes kennenlernen will, sollte dich selber lesen.
- Zunächst bin ich froh, dass es dich überhaupt gibt – dass Männer und Frauen, die nicht nur theologisch und liturgisch, sondern auch pädagogisch kompetent waren und offensichtlich Kinder mochten, dich geschrieben haben. Du bist im Fahrwasser der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils entstanden, das für die tätige Teilnahme am Gottesdienst eine Berücksichtigung des Alters, der Lebensverhältnisse und des Standes der religiösen Entwicklung verlangt hat (vgl. SC 19). Die „Schwangerschaft“ zu dieser Reform hat Jahrzehnte gedauert und auch Bemühungen, Kinder in die Eucharistie lebendiger einzubinden, gab es schon lange. 1970 brachten der Deutsche Katecheten-Verein und das Liturgische Institut Trier „Richtlinien und Anregungen für den Wortgottesdienst im Rahmen der Messfeier“ und 1971 für den Eucharistieteil heraus.
- Mitfeiern eines Gottesdienstes ist mehr als „Verstehen“. Du weist darauf hin, dass „Kinder im täglichen Leben im Zusammensein mit den Erwachsenen manches [erleben], was sie nicht verstehen, ohne dass sie sich deshalb langweilten. Deshalb kann man auch nicht verlangen, in der Liturgie müsste ihnen stets alles oder jedes verständlich sein“ (Art. 2). Natürlich darf den Kindern im Gottesdienst nicht „Jahre hindurch […] immer nur Unverständliches begegnen“. Doch: Letztlich „verstehen“ ja auch wir Erwachsenen längst nicht alles, was wir im Gottesdienst feiern – auch Theologen und Theologinnen nicht. Denn Gott festlich zu begegnen, das übersteigt einfach unser alltägliches und menschliches Verstehen – da geht es um ein unfassbares „Mehr“ an Leben für Kinder und Erwachsene!
- Du weißt, dass Ordnung und Gewohntes Sicherheit geben: Für Kindergottesdienste gilt kein spezieller Ritus, der sich ganz von der Gemeindemesse unterscheidet (Art. 3, Art. 21): Die Kinder sollen sich ja auch in der „normalen“ Eucharistiefeier zuhause fühlen. Wenn Kinder in verschiedenen Kirchen mitfeiern, z. B. bei den Großeltern, beim Schulgottesdienst oder im Urlaub in einer anderen Sprache – sie sollen das Gemeinsame erkennen können.
- Du nimmst wertschätzend wahr, dass „Kinder […] schon einen gewissen Sinn für Gott und religiöse Dinge mitbringen“ (Art. 9). Das kann ich nur bestätigen: Viele Kinder, die zum Erstkommunionkurs kommen, sind nicht so vertraut mit Kreuzzeichen und Gebeten, doch das Anzünden einer Kerze, das behutsame Weitergeben der Bibel im Kreis oder gemeinsames Brotbacken und danach feierliches Teilen und Essen – das berührt sie. Immer wieder erlebe ich auch, dass Kinder hartnäckig bei ihren Eltern durchsetzen, dass sie getauft werden und die Erstkommunion mitfeiern dürfen.
- Du betonst, dass die Grundwerte des menschlichen Umgangs miteinander auch die Grundlagen des gemeinsamen Feierns sind: Die Kinder sollen „entsprechend ihrem Alter und ihrer persönlichen Entwicklung auch die menschlichen Werte erleben, die der Eucharistiefeier zugrunde liegen wie zum Beispiel gemeinsames Tun, Begrüßung, die Fähigkeit zuzuhören, Verzeihung zu erbitten und zu gewähren, Bezeugung der Dankbarkeit, Erfahrung zeichenhafter Handlungen und freundschaftlichen Gemeinschaftsmahles sowie festliches Zusammensein“ (Art. 9).
- Du nimmst die Eltern als Verantwortliche für die Begleitung zum Glauben ernst, ohne sie zu überfordern: „Wenn weniger gläubige Eltern eine christliche Erziehung ihrer Kinder wünschen, sollen sie wenigstens zur Vermittlung der erwähnten menschlichen Werte ermuntert werden und bei gegebener Gelegenheit an Elternversammlungen und nichteucharistischen Gottesdiensten für die Kinder teilnehmen“ (Art. 10). Ja, viele Eltern unserer Erstkommunionkinder haben auf den ersten und auch auf den zweiten Blick wenig Kirchenbezug, doch ich erfahre oft, dass ihnen der christliche Glaube dennoch wichtig ist und sie ihr Bestes geben möchten.
- Du schätzt Kinder als eigene Persönlichkeiten und respektierst ihre Entscheidungen. Eltern sollen möglichst mit ihren Kindern beten. Doch nur „sofern sie es wünschen“, sollen die Kinder mit der Familie an der Messe teilnehmen (Art. 10).
- Offensichtlich hast du eine starke Abneigung gegen allzu lehrreiche, moralisierende oder kindische Sprache. Das gefällt mir – und muss ich mir selbst immer wieder bewusst machen und mehr beachten. Zu katechetischen Feiern meinst du: „Man hüte sich jedoch vor einer zu lehrhaften Gestaltung solcher Feiern“ (Art. 13). Wenn der Priester „die Kinder anspricht, soll er sich leicht verständlich ausdrücken, dabei jedoch alles vermeiden, was kindisch wirken könnte.“ Seine freien Worte „sollen die Kinder zur wirklichen liturgischen Teilnahme führen“, es sollen „nicht bloße belehrende Erklärungen sein“ (Art. 23). Die Amtsgebete dürfen dem Verständnis der Kinder angepasst werden, doch sind „moralisierende Aufforderungen und kindische Redeweise“ zu vermeiden (Art. 51).
- Du kennst und nennst eine Vielfalt von gottesdienstlichen Feiern: Solche mit „katechetischer Ausrichtung […], die den Kindern bestimmte liturgische Elemente […] nahebringen (Stille, gesungenes Gotteslob usw.; Art. 13), Wortgottesdienste (Art. 14), Gebetszeiten und Meditationen (Art. 27). Von Nikolausfeier bis „Oma-Opa-Enkel-Gottesdienst“ zu Darstellung des Herrn, von Aschermittwoch bis Kreuzweg, von Äpfel- und Birnensegnung bis Martinsfest versuchen auch wir in St. Katharina, verschiedene Gottesdienstformen im Jahreskreis mit den Kindern zu gestalten.
- Du erinnerst mich an eigene gute Erfahrungen: „Kleinere Kinder, die an der Messe nicht teilnehmen können oder wollen“ – auch hier achtest du wieder den Willen des Kindes –, „können zum Abschluss der Messe hinzukommen, um zusammen mit der Gemeinde den Segen zu erhalten, nachdem sie während der Messe in einem anderen Raum von Helferinnen betreut wurden“ (Art. 16). Ich selbst habe eine warme Erinnerung daran, dass ich als ganz kleines Kind während der Heiligen Messe im Pfarrsaal bei einem Kinderprogramm der Pfarrjugend betreut wurde. Offensichtlich habe ich mich dort sehr wohlgefühlt – das ist meine erste Erinnerung an Kirchen überhaupt! Was mich auch freut: Heutzutage gibt es nicht nur die von dir genannten „Helferinnen“, sondern auch viele „Helfer“, die dafür sorgen, dass Kinder sich in der Kirche daheim fühlen können.
- Die in vielen Pfarren beliebten Kinderwortgottesdienste haben hier ihre offizielle Begründung: „Je nach Situation des Ortes und der Teilnehmer kann es gelegentlich sogar angebracht sein, den Wortgottesdienst mit Predigt für die Kinder an einem anderen, nicht zu entfernten Ort zu halten; vor Beginn des Eucharistieteils der Messe kommen die Kinder dann dorthin, wo die Erwachsenen inzwischen ihren eigenen Wortgottesdienst gefeiert haben“ (Art. 17).
- Wichtig und hilfreich erscheint mir das Wort „gelegentlich“: Es muss nicht jeden Sonntag einen eigenen Kinderwortgottesdienst geben. Denn du bietest ja verschiedene Ideen und Möglichkeiten, wie Kinder bei der Messfeier einbezogen werden können.
- Wesentlich ist auch die Bezeichnung als „Wortgottesdienst mit Predigt“: Die eigene Feierzeit mit den Kindern soll gleichwertig dem Wortgottesdienst in der Kirche sein, ein Gottesdienst um die Bibel als Mitte, das ist mehr als etwa eine „Bastelstunde“ –‚ und die Leitung eines solchen Wortgottesdienstes ist ein wichtiger und anspruchsvoller liturgischer Dienst.
- In der letzten Zeit haben wir in St. Katharina das Direktorium oft wörtlich genommen und die Eröffnung mit der gesamten versammelten Gemeinde und dann nur den „Wortgottesdienst mit Predigt“ extra gefeiert. Dadurch ist unser Kinderprogramm noch mehr in die Gemeindemesse eingebunden: „Bei solchen [gemeinsamen] Messfeiern können die Kinder eindrücklich das Glaubenszeugnis der Erwachsenen erfahren“ (Art. 16). Wir versammeln uns dafür bei der Glocke hinten in der Kirche, die Kinder ziehen mit den Ministranten und dem Priester in die Kirche ein. Ein schwungvolles Lied zum Beginn und ein lebendiges Gloria können wir gemeinsam mit allen Mitfeiernden singen. Nach dem Tagesgebet ziehen die Kinder mit zwei Ministrantinnen, Bibel und Kerzen aus der Kirche aus und hören die Bibelworte im Gruppenraum, manchmal auch am Vorplatz oder auf der Wiese.
- „[V]or Beginn des Eucharistieteils“ (Art. 17) kommen die Kinder in die Kirche zurück – bei jeder „Kinderkirche“ unterstützen uns in St. Katharina mindestens zwei Ministranten, die dann die Prozession in die Kirche anführen. Wir versuchen, mit den Kindern direkt an die Gabenprozession anzuschließen, was uns mehr oder weniger pünktlich gelingt. Wobei ich lieber ein wenig vor der Kirchentüre warten mag und die Fürbitten „draußen“ miterleben, als abgehetzt gerade noch zum Hochgebet zu kommen. Unlängst waren wir etwas knapper dran und sehr froh, dass Priester und Gemeinde noch einen Moment mit dem Weiterfeiern gewartet haben, bis alle Kinder wirklich in Ruhe in der Kirche um den Altar versammelt waren.
Ausführliches Basteln oder Spielen geht sich im Kinderwortgottesdienst so leider nicht aus, doch beides können wir immer wieder auch nach der Heiligen Messe anbieten (bzw. Angefangenes dann noch fertigstellen). Im Sinne des Vertrautwerdens mit dem Feierablauf halte ich es für wichtig, dass die Kinder Gabenbereitung und Hochgebet mitbekommen. Was nützen alle katechetischen Bemühungen vorab, wenn das Erleben dazu konträr ist … (vgl. Art. 21)?
- Ich freue mich auch über etwas, das das Direktorium glücklicherweise nicht vorsieht. Die Kinder kommen (einfach nur!) „dann dorthin, wo die Erwachsenen inzwischen ihren eigenen Wortgottesdienst gefeiert haben“ (Art. 17). Es ist also offiziell nicht nötig, Plakate, Gegenstände oder ausführliche Berichte mitzubringen. Ich habe auch noch nie erlebt, dass Priester oder andere Gemeindemitglieder den hinzukommenden Kindern mitten in der Feier erzählen, was sie gerade gehört haben. Von Kindern und den Gestaltenden der Wortgottesdienste wird dies in manchen Feiergemeinden erwartet. Natürlich ist es fein, wenn die Kindergruppe ab und zu etwas Sichtbares beiträgt. In St. Katharina tragen wir jedenfalls immer die Bibel zum Ambo, die Kinderkirche-Kerze stellen wir vor den Altar und öfter üben wir auch ein Lied, dass wir dann zur Gabenbereitung oder als Danklied singen. Und natürlich: Einzelne Kinder erzählen ja wirklich gerne, was sie gerade gemacht haben. Doch es soll kein Stress sein, der möglicherweise mehr an Schule erinnert („Was habt ihr denn heute gelernt?“) als an gemeinsames zweckfreies Feiern. Wichtiger als jeden „Bericht“ finde ich die Berücksichtigung der Kinder auch in der weiteren Gestaltung z. B. mit kindgemäßen Liedern oder der Verwendung eines der Kinderhochgebete.
(Allen Leitern und Leiterinnen von Wort-Gottes-Feiern mit Kindern sei die Handreichung des Deutschen Liturgischen Instituts Mit Kindern Gottesdienst feiern (Pastoralliturgische Hilfen 19, Trier 2004; Bestell-Art. 5019; 5,00 € und Mengenrabatte; shop.liturgie.de; dli@liturgie.de) ans Herz gelegt.)
- Die Anwesenheit der Kinder soll auch in der „normalen“ Gemeindemesse in „irgendeiner Weise berücksichtigt werden“ (Art. 17) – das ist wohl genauso wichtig, wie ab und zu „tolle Kindermessen“ zu feiern: z. B. können sie verschiedene Aufgaben übernehmen. Von den regelmäßig mitfeiernden Kindern habe ich gelernt, dass „nur“ der Vaterunser-Kreis jeden Sonntag nicht mehr so attraktiv ist („Das ist langweilig …, das machen wir immer und man muss so lange stehen …“). Manche Kinder sind etwa begeistert, ein Lied zu gestalten (mit bunten Tüchern oder Orff-Instrumenten zum Halleluja, Bewegungen zum Psalm-Refrain, Vorsingen eines Fürbitt- oder Antwortrufes; vgl. Art. 18) oder z. B. nach dem Gottesdienst Informationen auszuteilen. (Dafür ziehen auch die Jüngsten feierlich mit den Ministranten aus der Kirche und stellen sich beim Ausgang auf.) In der letzten Zeit ist das Läuten der großen Glocke vor dem Einzug bei uns besonders beliebt und die Glocke ein praktischer Treffpunkt für alle Kinder vor der Feier.
- Erwachsene sollen in jedem Kindergottesdienst wahrgenommen werden, nicht nur als Aufsichtspersonen, sondern als Mitfeiernde (Art. 24). Das ist natürlich eine Herausforderung! Denn – ehrlich gesagt – so ganz ohne „Aufsicht“ geht es meist auch nicht. Wir versuchen bei jedem Kommunionkurs, einen kurzen Gottesdienst mit Kindern und Eltern zu feiern, möglichst so, dass die Eltern eingebunden sind – indem sie etwa so wie auch die Kinder Kerzen anzünden oder ihr Kind segnen.
- Die tätige und bewusste Teilnahme ist dir in Kindermessen besonders wichtig (Art. 22): „Möglichst viele Kinder sollen besondere Aufgaben in der Feier übernehmen“. Allerdings „halte man sich vor Augen, dass alle äußeren Tätigkeiten fruchtlos bleiben, ja sogar schädlich sein können, wenn sie nicht der inneren Teilnahme der Kinder dienen.“ Das Mittun der Kinder ist immer ein Balance-Akt: Dient es einzig der „Beschäftigung“ – dass ihnen nicht langweilig ist, damit sie nicht stören … –, ist es eine „Vorführung“ für die begeisterten Verwandten oder ist es ein wirkliches Teilnehmen? Gerade bei Erstkommunion-Messen kann das herausfordernd sein: Wie nett Maxi spricht, wie lieb Sophie vorsingt! Florian winkt vor seiner Fürbitte ins „Publikum“, Anja muss während der Gabenprozession kurz innehalten, weil der Opa ein Foto macht – sein Liebling trägt den Kelch, das muss festgehalten werden … Die Alternative wäre: Die Kinder bleiben nur vorne sitzen, sagen und singen nichts vor, decken nicht den Altartisch – das fände ich auch schade und gegen die tätige Teilnahme.
- Ergänzend finde ich deswegen wichtig, gerade bei Kindermessen die „tätige, bewusste und echte Teilnahme“ (Art. 12) auch der erwachsenen Bezugspersonen der Kinder (wie Eltern, Patinnen und Paten) zu fördern. Wir bitten etwa die Verwandten bei der Erstkommunion, die Fürbitten vorzubereiten und zu sprechen. Das, was ihnen wichtig ist, soll im Gottesdienst vorkommen, damit sie erfahren: Das ist keine „Aufführung“ der Kinder, sondern gemeinsames Feiern des Lebens mit Gott. Ebenso helfen Erwachsene aus den Familien beim Decken des Altartisches. Alle Talente sollen Platz haben: So haben wir uns schon über italienische, polnische oder englische Lieder aus den Familien gefreut, eine Mutter hat als ausgebildete Sprechtrainerin die Lesung ganz besonders gestaltet. Altarbild oder Blumenschmuck liegen ohnehin in den Händen der Eltern. Ganz in deinem Sinne: „Auch bei der Kindermesse soll die Unterscheidung der Aufgaben angestrebt werden, damit die Feier als gemeinschaftliches Geschehen in Erscheinung tritt. So […] wird durch die verschiedenen Stimmen Eintönigkeit vermieden“ (Art. 24).
- Du weißt jedenfalls, wie gern Kinder (die meisten jedenfalls!) praktisch mittun – z. B. beim Gestalten des Raumes, beim Bringen der Gaben, beim Singen (Art. 18, Art. 22). Oft ist es eine große Herausforderung, genau die Aufgabe zu finden, die ein Kind wirklich gerne tun mag: Einige sind schüchtern oder halten sich vor vielen Erwachsenen zurück, andere würden am liebsten „alles“ machen. Oder die Eltern bzw. Großeltern wünschen unbedingt, ihr Kind soll etwas Bestimmtes übernehmen – für das Kind passt das aber nicht. Mir ist sehr wichtig, dass die Kinder genau nur das beitragen, was sie selbst wirklich möchten und wo sie sich wohl fühlen. Sehr beliebt ist etwa auch das Einsammeln der Geldspenden (ein Nebeneffekt dabei ist die höhere Spendenbereitschaft der Erwachsenen!).
- Kinder bewegen sich gerne und sollen dafür den nötigen Platz haben (Art. 25). „Bewegen“ – dazu gehören auch die Prozessionen: Zum Einzug, zum Evangelium, zur Gabenbereitung, zur Kommunion (Art. 34). Es ist bei uns Usus, dass Kinder bei der Einzugsprozession mitgehen, dabei das Vortragekreuz, Kerzen für den Ambo und das Lektionar in die Kirche tragen. Dies lässt sich ohne langes Proben umsetzen – und ist oft weniger stressig und belastend als das Aufsagen von Texten.
- Du wärst wohl auch nicht begeistert von Kindergottesdiensten in einem dunklen Raum neben den aufgestapelten Flohmarktwaren (dieses Beispiel wurde mir einmal in einer Pfarre als Problem erzählt). Und vermutlich ist es oft nicht so leicht, einen wirklich geeigneten, „der Würde der Feier entsprechenden Raum“ (Art. 25) zu finden, vor allem auch für die parallel stattfindenden Wortgottesdienste: Sie sollen ja auch an einem „nicht zu weit entfernten Ort“ gehalten werden (Art. 17). Wir haben in unserem Gruppenraum wenig Platz und können uns daher kaum bewegen, und wir versuchen trotzdem, dort lebendig und würdig zu feiern. Dazu gehört für uns unbedingt ein „Tisch des Wortes“, der ausschließlich für die Bibel reserviert ist. In der mühsamen Corona-Zeit haben wir noch mehr das Feiern im Freien entdeckt, z. B am Vorplatz vor dem großen Kreuz mit einem mobilen Bibel-Tisch.
- Du schlägst vor, „[s]ofern möglich“ (wieder einmal dein realistischer Blick), in kleineren Gruppen Eucharistie mit den Kindern zu feiern, weil so die bewusste und tätige Teilnahme einfacher ist (Art. 28). Viele Schulgottesdienste in St. Katharina (Wort-Gottes-Feiern und Eucharistiefeiern) finden im Rahmen der Religionsstunden mit den Kindern je einer Klasse statt. Das hat sich auch aus praktischen Gründen gut bewährt. In der Volksschulzeit meiner Tochter habe ich mitbekommen, dass ihre Religionslehrerin mit den Kindern der dritten Klassen jedes Jahr „Tisch-Messen“ im Klassenraum vorbereitet hat – eine besondere Gottesdiensterfahrung.
- Du hast recht damit, mich an die „sorgfältig[e] und zeitig[e]“ Vorbereitung zu erinnern (Art. 29). Natürlich sollen möglichst die Kinder und Erwachsenen, die einen besonderen Dienst in der Messe übernehmen, in die Vorbereitung eingebunden sein. Das ist ein Ideal, das im liturgischen Alltag mit vielen Gottesdiensten einmal mehr, dann auch leider einmal weniger gelingt. Jedenfalls ist es uns bei den Fürbitten wichtig, dass die Anliegen aus der konkreten Feiergemeinde kommen – und nicht aus einem Handbuch oder aus dem Internet. Und dass die Lektoren und Lektorinnen sich vorher die Lesung aneignen können, vielleicht sogar einen persönlichen Gedanken dazu sagen.
- Du denkst an alles: Auch beim praktischen Vorbereiten, beim Herrichten und Schmuck des Feierraumes (Art. 29) sollen „einige Kinder beteiligt werden“ – eine wichtige Aufgabe für Ministranten und Ministrantinnen. Hinzufügen möchte ich noch, dass auch das Wegräumen sehr beliebt ist, etwa das Ausblasen der Kerzen am Ambo und am Altar – das machen auch die Jüngsten sehr gerne – oder das Tragen der liturgischen Bücher in die Sakristei. Eine gewisse Risikofreudigkeit ist da schon vorausgesetzt, die wertvollsten und zerbrechlichen Gegenstände vertrauen wir lieber nicht den Vierjährigen an, aber etwa das Tragen des Aspergils ist auch für Kleinere gut möglich.
- Du sprichst mir aus der Seele: „Wenn der Gesang schon für jede liturgische Feier von großer Bedeutung ist, so gilt dies wegen der besonderen Empfänglichkeit der Kinder für Musik gerade auch für Kindermessen“ (Art. 30). Weil offensichtlich nicht nur ich gerne singe, singen wir in St. Katharina viel – alles, was gesungen werden kann, auch immer Psalmen oder öfter die Antwortrufe auf die Fürbitten.
- Bei den Aktionsgesängen „Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei“ legst du Wert auf die liturgischen Texte (Art. 31). Du verstehst aber, dass diese in Kindermessen nicht immer wörtlich mit den Originaltexten übereinstimmen. Diese liturgischen Gesänge sind uralte Dichtungen mit vielen biblischen Bezügen und so seit Jahrhunderten Fixpunkte in der katholischen Messfeier – daher können sie nicht durch irgendetwas ganz anderes ersetzt werden. Die Eucharistiefeier ist für mich vergleichbar mit einem „Puzzle“, bei dem alle Teile zusammenpassen wollen, weil sonst unschöne (Sinn-)„Löcher“ entstehen. Ich erlebe regelmäßig, dass die Kinder ganz selbstverständlich und mit Begeisterung „Ehre sei Gott“ und „Heilig, heilig, heilig“ singen und sich dazu bewegen – es gibt dafür viele schwungvolle Melodien auch im „Gotteslob“.
- Natürlich gebe ich dir gerne recht, dass Musikinstrumente „sehr nützlich sein“ können – und „die festliche Freude und das Lob Gottes“ (Art. 32). Besonders gern spielen kleine Kinder alle möglichen Schellen, Trommeln, Rasseln u. ä. – doch das kann bei Dauerbeschallung auch nerven. Dass Zweijährige im Takt schlagen, ist illusorisch. Bewährt hat sich bei uns, etwa ein bis zwei Lieder einer Kindermesse (oder auch einer „normalen“ Messe) manches Mal diesem freudigen musikalischen Chaos zu überlassen. Größere Kinder, die ein Instrument lernen, bringen das gerne ein. So hat eine Gruppe etwa Zehnjähriger bei uns eine „Kinderband“ gegründet und selbständig Sonntagsgottesdienste gestaltet: Mit Gitarren, Flöte, Akkordeon, Perkussion und Gesang haben sie dabei jedes Mal das gesamte Musikprogramm (inklusive Psalm) übernommen. Mittlerweile musizieren die Mitglieder dieser Band bei den Jugendmessen. Dafür gestaltet derzeit eine 15-Jährige am Klavier mit ihren singenden jüngeren Geschwistern immer wieder die Musik bei den Sonntagsmessen.
- Für dich ist Liturgie ein „Tun des Ganzen Menschen“. Daher „hat die Teilnahme durch Gesten und Körperhaltungen in Kindermessen im Einklang mit dem Alter und den örtlichen Verhältnissen eine sehr große Bedeutung“ (Art. 33). Die meisten Kinder bewegen sich meiner Erfahrung nach gerne zu Liedern – und können sich durch passende Gesten oft Texte besser einprägen.
In den letzten Jahren ist mir aber vermehrt bewusst geworden, dass zwar jedes Kind „Gottes Liebe ist so wunderbar“ tanzen kann, andererseits aber liturgische Grundgesten wie das Falten der Hände nicht so vertraut sind. So haben wir immer wieder auch das Händefalten und auch das Kreuzzeichen probiert und geübt.
- Auch Körperhaltungen sind bewusst im Gottesdienst eingesetzt und keine Nebensächlichkeit (Art. 33). Wir versuchen den Kindern zu vermitteln, dass Menschen bei wichtigen Anlässen im Leben oft stehen: Ich stehe zu meinem Glauben … „Wir sind berufen, vor dir zu stehen und dir zu dienen“, heißt es im Zweiten Hochgebet.
- Du weißt, dass eine Kirche für Kinder ein spannender Ort ist, weil es so vieles zu sehen gibt: „Die Liturgie der Messfeier enthält viele sichtbare Elemente, auf die bei Kindern größter Wert zu legen ist“ (Art. 35). Angefangen von den liturgischen Farben über Kerzen bis zu Bibel, Kelch und Hostienschale – da gibt es vieles, was im Alltagsleben so nicht vorkommt. Auch die Höhe und Weite des Raumes sowie seine Möblierung unterscheiden sich deutlich von ihrem Zuhause oder Klassenzimmer. Unser Seelsorgezentrum St. Katharina ist alles andere als ein „klassischer Kirchenraum“: Ein Mehrzwecksaal, vor 27 Jahren erbaut – und dennoch gibt es sogar bei uns vieles, was Kinder faszinieren kann. Wer hat schon einen solch großen Tisch daheim, mit fünf eingravierten Kreuzen? Oder gar einen eigenen Stehtisch nur für das Lesen? Taufbecken, Sedile, Kreuz, Marienstatue, Instrumente – da reicht eine Schulstunde gar nicht aus, das alles anzuschauen (und manches auch vorsichtig zu berühren).
- Im Laufe des Kirchenjahres gibt es dann noch mehr zu sehen oder zu erleben: „Kreuzverehrung, Osterkerze, Lichter am Fest der Darstellung des Herrn“ und vieles mehr (Art. 35). Bei jeder Überlegung, wie wir für Kinder eine Bibelstelle oder das Fest veranschaulichen können, versuchen wir möglichst, zuerst das einzubeziehen, was ohnehin in der Kirche vorhanden ist. Das kann auch jede Menge Arbeit ersparen. Zum bekannten Adventlied „Wie sagen euch an“ an jedem Adventsonntag feierlich eine Kerze mehr anzünden, beim Kreuzweg ein großes Kreuz mittragen oder die neue Osterkerze mit bunten Tüchern begrüßen, … Mit wenig Aufwand können wir so doch eindrucksvoll feiern.
- Einer meiner ganz großen Lieblingssätze ist dieser: „Die Liturgie darf nie als ein trockener und nur begrifflicher Vorgang erscheinen“ (Art. 35). Warum gibt es dann immer wieder Gestaltungsvorlagen und -ideen für Gottesdienste, bei denen hauptsächlich oder nur die verbale Sprache vorkommt: Besinnungstexte und Geschichten und Einleitungen und (endlos lange) Fürbitten und Texte nach der Kommunion – der ganze Gottesdienst wirkt wie eine einzige Vorlesung! (Manchmal wird dann eine Lesung ausgelassen, der Psalm ohnehin oder das Hochgebet schnell abgewickelt, damit es nicht so lange ist für die Kinder …) Allerdings: Auch mir sagt mein Sohn öfter nach einem Kindergottesdienst: „Mama, warum musst du immer alles so lange erklären?“
- Was sind andere gut geeignete sichtbare Elemente, „die den Kindern ermöglichen, die Großtaten Gottes in der Schöpfung und Erlösung mit den Augen wahrzunehmen und sie durch das Anschauen zum Beten anregen“ (Art. 35)? Was steht nicht (vor dem Ambo, vor dem Altar oder sonst wo) im Weg oder verdeckt wichtige liturgische Symbole – und was ist wirklich eine gelungene illustrative Umsetzung der Bibelstellen des Tages? Es ist immer wieder eine Herausforderung, da etwas Passendes zu finden – und ganz oft haben wir erste Ideen verwerfen müssen, weil diese einfach zu oberflächlich waren. Ich erinnere mich an einen Kindergottesdienst vor etlichen Jahren, für den eifrige Erwachsene passend zum Evangelium eine Wüste gemalt hatten. Auf die Frage an die Kinder: „Was ist denn das?“, lautete die Antwort aus Kindesmund: „Ein Stück Packpapier!“ – was uns Erwachsene natürlich etwas frustriert hat. Das hat mich zusammen mit mehreren anderen ähnlichen Erlebnissen dazu bewegt: Wenn schon „Wüste“ in die Kirche zu bringen, dann gleich „richtig“ in Form einer Sandkiste. So haben wir schon einige Male eine „Fastenkrippe“ gestaltet oder auch eine echte große Leiter mit Bibelworten als „Himmelsleiter“ gestaltet. Gute Erfahrungen haben wir damit gemacht, dass Kinder von Zuhause Stofftiere (z. B. Schafe) oder Figuren (Lego®, Playmobil®, …) mitbringen, um damit das Evangelium darzustellen. Da ergibt sich auch eine gute Verbindung vom Alltag daheim zum Feiern in der Kirche.
Oder die Kinder malen selber zur Vorbereitung auf den Gottesdienst Bilder (Art. 36). So haben Kommunionkinder zu Psalm 103 („Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“) eigene Bilder gemalt und dargestellt, was ihnen Gott in ihrem Leben schon Gutes getan und geschenkt hat. Diese Bilder wurden dann vor dem Antwortpsalm gezeigt und in der Kirche aufgehängt.
- Stille ist dir auch in Messfeiern mit Kindern wichtig (Art. 37). Ich frage mich manches Mal, wo ich selbst, wo Kinder (und Erwachsene) noch Stille erleben – oft wird ja jede freie Sekunde mit akustischen Reizen verstopft. Dabei tut es so gut, still zu sein – und nicht nur Kinder brauchen dazu eine Hinführung. Wir versuchen jedenfalls, kurze stille Momente zumindest nach der Predigt und nach der Kommunion zu halten.
- Außerdem weist du uns auf eine wichtige Quelle von Ruhe oder eben Unruhe hin: Liturgische Texte sollen „ohne Hast und verständlich vorgetragen und die gebührenden Pausen eingehalten werden“ (Art. 37). Es muss nicht bereits mit dem Amen des Tagesgebetes die Lektorin für die 1. Lesung beim Ambo stehen oder nach dem Hochgebet ohne Atempause das Vaterunser folgen. Die Seele sollte immer nachkommen können, damit die innere Teilnahme der Mitfeiernden überhaupt möglich ist (Art. 22).
- Sehr erleichternd finde ich, dass du gestattest, „zuweilen das eine oder andere Element der Eröffnung auszulassen, ein anderes aber vielleicht etwas ausführlicher zu gestalten“ (Art. 40). Schon im Messbuch finden sich ja einige Möglichkeiten, den Eröffnungsteil zu variieren bzw. straffer zu gestalten. Kinder – und nicht nur sie – haben eine begrenzte Aufmerksamkeit und Geduld. Da ist es gut, zügig zum Wortgottesdienst zu kommen. Trotzdem kann und soll die Eröffnung festlich sein – etwa mit einem fröhlich gestalteten Gloria. Gerne verwenden wir auch immer wieder das Element der Tauferinnerung (Taufe Jesu, Fasten- und Osterzeit, …).
- Für dich steht die Bibel ganz klar im Mittelpunkt, die Lesungen sind der „Kern des Wortgottesdienstes“. Daher soll „es keine Kindermesse ohne biblische Lesung geben“ (Art. 41). Das ist ohnehin klar – oder? Ich muss dir gestehen, ich habe vor Jahren einige Kindergottesdienste ohne Bibel gestaltet, mit „passender“ Kurzgeschichte. Doch: Die Bibel hat so viel an „Material“ – und wir bringen dazu alle soviel an „Leben“ mit, dass ich mittlerweile schon sehr lange ganz ohne zusätzliche Geschichten auskomme. Ab und zu versuchen wir im Rahmen der Einführung oder der Auslegung „Geschichten um die Bibelgeschichte“ zu spielen – das kommt bei den Kindern gut an, wenn etwa „Cäcilia Kirchenmaus“ im Advent mit der Sandschaufel und dem Sandkübel kommt, um einen Weg für Jesus zu ebnen …
- Du nennst viele Möglichkeiten, Bibelstellen für die Kinder sinnvoll auszuwählen: „Wenn die vorgesehenen drei oder zwei Lesungen an Sonntagen und Wochentagen den Kindern nur schwer verständlich sind, kann man zwei oder nur eine davon auswählen: eine Lesung muss jedoch stets dem Evangelium entnommen sein“ (Art. 42). Außerdem: „Wenn alle Tageslesungen für die Kinder wenig geeignet erscheinen, dürfen die Lesungen […] beliebig aus dem Lektionar […] ausgewählt werden, wobei die liturgischen Zeiten zu beachten sind“ (Art. 43). Es ist auch möglich, etwa einen Vers aus Rücksicht auf das Verständnis der Kinder auszulassen (Art. 43).
- Auch längere Lesungen können für Kinder geeignet sein (Art. 44). Da denke ich etwa an die Geschichte vom barmherzigen Vater oder an die von den Emmaus-Jüngern: Was würde man da sinnvoll „kürzen“? Gerade diese Erzählungen lassen sich gut mit verteilten Rollen lesen (Art. 47) . Gute Erfahrungen haben wir auch damit gemacht, biblische Geschichten pantomimisch zu spielen, während sie vorgetragen werden. So gestalten wir jedes Jahr ganz einfach das Weihnachtsevangelium in der Krippenandacht. Viele biblische Geschichten können einfach als „Klanggeschichte“ mit einfachen Perkussionsinstrumenten ausgemalt werden (Art. 32): Wie „klingt“ der Weg der Jünger auf dem Hinweg nach Emmaus und wie nach der Begegnung mit Jesus? Das „Brausen“ in manchen Psalmen oder das „Getöse“ zu Pfingsten lassen sich wunderbar mit Rasseln, Trommeln o. ä. hörbar machen.
- Du machst darauf aufmerksam, wie wertvoll einführende Hinweise vor den Lesungen sind, damit die Kinder aufmerksam und fruchtbar zuhören können (Art. 47). Ein kurzer Satz zum „Sitz im Leben“, ein Hinweis auf historische Ereignisse, auf die der Text Bezug nimmt, ein kleines Rätsel, das Zeigen von Gegenständen (Hirtenmantel, …) – all das kann Neugier wecken. Die Predigt kann in sich noch so „gut“ sein – wenn vorher die Bibelworte nur „vorbeiziehen“, kommt sie weniger an.
- Auch das Lektionar und der Ambo als „Tisch des Wortes“ gehören zu den sichtbaren Elementen der Liturgie, die für Kinder wertvoll sind (Art. 35). Ich frage mich oft, wie gut die Kinder zum Ambo und Altar sehen können. Daher laden wir die Familien mit Plakaten und auch persönlich ein, möglichst vorne zu sitzen (was aber nicht alle möchten). Manchmal bitten wir die Kinder zur Lesung oder zum Evangelium nahe zum Ambo zu kommen, damit sie besser hören und sehen. Kerzen am Ambo und manchmal auch Blumenschmuck dort unterstreichen die Würde des Gotteswortes. Auch bei anderen gottesdienstlichen Feiern ist uns wichtig, dass immer aus der Bibel gelesen wird (und nicht vom Zettel) und dass das Lektionar auch bei Festen im Freien und bei Weggottesdiensten sichtbar mitgetragen wird. Dies alles kann hoffentlich „die Wertschätzung der Kinder für das Wort Gottes“ fördern (Art. 14).
- Vor Jahren hat mich einmal die Mutter einer Schülerin sehr irritiert darauf angesprochen, dass ihre Tochter tagaus, tagein in der Straßenbahn, im Supermarkt und auch sonst überall „Der Herr ist mein Hirte“ gesungen hat. Für viele Kinder ist Psalm 23 der Lieblingspsalm. Auch du schätzt Psalmverse und Psalmlieder und das Halleluja (Art. 46), daran sollen die Kinder immer beteiligt sein. Ich hoffe, dass gerade Psalmverse Gebete sind, die die Kinder beim Wachsen im Glauben weiter begleiten. Mir jedenfalls sind viele Psalmworte wertvolle Seelennahrung und so suche ich gerne für jede Kindermesse einfache Psalmvertonungen.
- Über deine Predigthinweise bin ich besonders froh: Wenn die Predigt sich an die Kinder wendet, soll sie so sein, „dass auch die Erwachsenen sie mit Gewinn hören können“ (Art. 19). Oder die Kinder können „an einer Stelle der Predigt direkt angesprochen werden“ (Art. 17). Es geht dir offensichtlich darum, dass die Predigt für alle da ist, nicht nur für einen Teil der Gemeinde. Und: „Es steht nichts im Wege, dass einer der an der Kindermesse teilnehmenden Erwachsenen im Einverständnis mit dem Pfarrer oder Kirchenrektor nach dem Evangelium eine Ansprache an die Kinder hält, vor allem wenn es dem Priester schwer fällt, sich dem Verständnis der Kinder anzupassen“ (Art. 24).
- „Die Kinderpredigt kann zuweilen auch die Form eines Dialogs mit den Kindern annehmen, sofern man nicht schweigendes Zuhören der Kinder vorzieht“ (Art. 48). Mir scheint, das Zweite ist manchmal die bessere Variante, vor allem, wenn ich die Kinder nur fragen würde, um sie zu beschäftigen (Wie heißt denn der Täufer? Und was hat er gepredigt? …). Manche Fragen führen zu keinem Dialog, sondern sind eher eine Prüfung. Warum dürfen Erwachsene im Gottesdienst auch einmal kurz unaufmerksam sein oder in ihr eigenes Gebet versinken, Kinder jedoch müssen alles parat haben, was sie soeben gehört haben?, so habe ich mich schon manches Mal gefragt. Und mir ist wichtig geworden: Entweder ist eine Frage ein spielerisches Rätsel – oder ich will wirklich etwas von den Kindern wissen (z. B. wie sie schon einmal „heil sein“ erfahren haben oder wie sie Freude bringen können, …). Dann kann es auch keine „falschen“ Antworten geben! Die Kinder zuhören lassen ist ehrlicher als Pseudo-Fragen. Eine gute Möglichkeit ist auch, Kinder durch Tun in die Predigt ein einzubeziehen: Wir gehen etwa gemeinsam durch die Kirche und machen an manchen Orten für jeweils einen kurzen Gedanken Station. Oder die Kinder rufen ein wichtiges Wort so laut, dass man es bis draußen vor der Kirche hören kann.
- „Größte Bedeutung kommt in der Kindermesse dem Eucharistischen Hochgebet zu, das den Höhepunkt der ganzen Feier bildet“ (Art. 52). Wie können wir das Hochgebet als echten Höhepunkt erfahren? Wie wird das Gebet vom Priester vorgetragen? Wie können Kinder durch Zuhören und Antwortrufe Anteil nehmen? Wie können wir es schaffen, dass nicht alle Ideen und alle Energien in den Wortgottesdienst fließen und der Eucharistieteil im Vergleich dazu fade und kraftlos wirkt? Das ist alles immer wieder eine Herausforderung!
Das Hochgebet ist Gebet der ganzen Kirche, deswegen halten wir uns bewusst an die offiziellen Texte, aus denen wir passend zu den Tageslesungen und zum Kirchenjahr auswählen. Oft, aber nicht immer, verwenden wir die Hochgebete für Messfeiern mit Kindern, vor allem das dritte mit den auswechselbaren Teilen für verschiedene Anlässe. Und immer wieder fragt unser Pfarrer die Kinder und alle Mitfeiernden vor dem Hochgebet, wofür sie heute konkret dankbar sind. Das persönliche Danke intensiviert dann das gemeinsame Beten.
- Ein Musiker in St. Katharina fragte mich einmal, ob wir das Hochgebet „klassisch“ gestalten. Er meinte damit „so wie immer“ – also mit gesungenen Antwortrufen (Akklamationen) im Hochgebet (Art. 30). Was du dir schon vor 50 Jahren gewünscht hast – das geht mir immer wieder ab, wenn ich anderswo Eucharistie mitfeiere. In St. Katharina sind wir diese Antwortrufe einfach gewohnt und singen sie gern (an beinahe jedem Sonntag, nicht nur bei „Kindermessen“). Die ganze Gemeinde stimmt etwa begeistert in den „Amen-Spiritual“ ein, ein gutes Beispiel für ein (noch dazu bekanntes) Lied, das für alle Generationen passen kann und sich auch bei Erstkommunion-Feiern bewährt hat.
- Du regst eine besondere Gestaltung des Segens an: „Wenigstens gelegentlich möge der Priester entsprechend den liturgischen Zeiten und den verschiedenen Situationen im Leben der Kinder reichere Segensworte verwenden“ (Art. 54). Gute Worte mit auf den Weg geben, das versuchen wir besonders etwa bei der „Täuflingsmesse“ (zu der nach Ostern die Neugetauften des vergangenen Jahres eingeladen sind) und bei den Erstkommunion-Feiern (wo die Paten und Patinnen ihren Kindern beim Segen die Hände auflegen). Am ersten Sonntag nach den Sommerferien bitten wir besonders um den Segen für alle Kindergarten- und Schulkinder.
- Dein Ziel ist, „dass die Kinder in der Feier der Eucharistie mit Freuden Christus entgegengehen und mit ihm vor dem Vater stehen können“ (Art. 55). Und: „Eine christliche Gemeinde, die das Evangelium bezeugt, von brüderlicher [2023 wohl stimmiger: geschwisterlicher] Liebe erfüllt ist und die Mysterien Christi lebendig feiert, ist die beste Schule für eine christliche und liturgische Erziehung der in ihr lebenden Kinder“ (Art. 11). Es kommt dir also auf die Freude an, auf das gemeinsame Feiern voller Leben – und das ist nochmals etwas anderes als eine noch so gute „Unterrichtseinheit“. Darin sehe ich – auch für mich selbst – die größte „Gefahr“ bei Kindergottesdiensten: dass wir Kindern immer etwas beibringen und sie belehren wollen.
Danke, liebes Direktorium, dass du so viel Mut machst, mit Kindern freudig und lebendig zu feiern! Ich wünsche dir alles Gute, dass du noch viele Freunde und Freundinnen findest, die deine Anregungen übernehmen!
Petra Pories
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