Den Bibelsonntag verpasst?

Jänner 2021

Bedingt durch den letzten Lockdown ist der von Papst Franziskus ausgerufene Bibelsonntag am 24. Jänner 2021 untergegangen. Schade, aber viel bedauerlicher wäre es, wenn wir den Zugang zur Bibel, der Heiligen Schrift der Christenheit, verpassen würden. Ein Anknüpfungspunkt für ein paar Betrachtungen soll unsere Pfarrkirche St. Martin sein.

Ist beim Betreten des Kirchenraums der Altar nicht zu übersehen, muss man biblische Bezüge erst entdecken. In lichter Höhe schauen die vier Evangelisten auf Besucher*innen herab. Über der Orgel erspäht man Lukas mit dem Stiersymbol. Die zwei Fenster mit Markus und Matthäus sind nicht zu übersehen. Wo aber versteckt sich Johannes? Auf ihn stößt man erst, wenn man von der Tür der Sakristei aus den Blick hebt. Dieser Ort passt für Johannes, dessen Evangelium sich deutlich von den drei anderen unterscheidet. Theolog*innen und Bibelexeget*innen können mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sagen, welche Textstellen die drei Synoptiker als Informationsquellen verwendet haben. Dass am Anfang eine geheimnisvolle, weil verlorengegangene Quelle Q steht, macht die Sache noch komplizierter.

Der zentrale Punkt der Verkündigung ist der Ambo, der den Lektor*innen, Kantor*innen, dem Diakon und dem Zelebranten vorbehalten bleibt. Zeitweise liegt auf einem hölzernen Lesepult eine besonders schöne Bibel und lädt zum Schauen, Staunen und natürlich Lesen ein.

Gerade ist die Weihnachtszeit zu Ende gegangen. Die Krippe ist eine bunte Mischung aus verschiedenen Bibelstellen. Ochs und Esel verdanken wir dem Alten Testament, wo sie bei Jesaja ihren Herrn (!) erkennen. Die Hirten entspringen der lukanischen Erzählung von der Geburt Jesu, während die Sterndeuter dem Evangelium nach Matthäus entstammen. Es ist bedenkenswert, dass jeder Evangelist eigene Schwerpunkte setzt und auf seine Art zum Nachdenken und Interpretieren anregt.

Den vollen Schatz der Heiligen Schrift können Suchende nur dann heben, wenn ihnen Grundinformationen zur Geschichte der Entstehung der Bücher der Bibel vertraut sind. Die (sonn)täglichen Texte erschließen sich dadurch und langweilen nicht und irritieren auch nicht. Jeder Sonntag kann ein Bibelsonntag werden!

Zum Nachhören:

Brigitta Mychalewicz

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