Apostelgeschichte 2010 - Teil 7

Samstag, 1. September 2007

Apostelgeschichte 2010

Apg 6,1-7

In diesen Tagen, als die Zahl der Jünger zunahm, begehrten die Hellenisten gegen die Hebräer auf, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden. Da riefen die Zwölf die ganze Schar der Jünger zusammen und erklärten: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben. Der Vorschlag fand den Beifall der ganzen Gemeinde, und sie wählten Stephanus, einen Mann, erfüllt vom Glauben und vom Heiligen Geist, ferner Philippus und Prochorus, Nikanor und Timon, Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia. Sie ließen sie vor die Apostel hintreten und diese beteten und legten ihnen die Hände auf. Und das Wort Gottes breitete sich aus und die Zahl der Jünger in Jerusalem wurde immer größer; auch eine große Anzahl von den Priestern nahm gehorsam den Glauben an.

Eine spannende Geschichte, diese Apostelgeschichte des Lukas. Spannend erzählt sie die Entstehung und Anfangszeit des Christentums vor fast 2000 Jahren. Und doch sind die Inhalte hoch aktuell. Besonders dieser Abschnitt am Beginn des 6. Kapitels.

Da gibt es die Anhänger Jesu in Jerusalem, aber es sind anscheinend zwei Gruppen: Die Hebräer sind die einheimischen Juden, leben schon immer in Palästina, sprechen aramäisch und lesen in ihren Synagogen die heiligen Schriften auf hebräisch. Dann gibt es da die Hellenisten, Juden, die außerhalb Palästinas gelebt haben, griechisch sprechen und griechisch gebildet sind (kulturell das Nonplusultra in der damaligen Zeit und Welt). Es sind also im Prinzip Ausländer, Fremde und - obwohl Juden - feiern sie ihre Gottesdienste in eigenen Synagogen. Sowohl unter den Hebräern als auch unter den Hellenisten finden sich also Freunde Jesu. Und sie leben in dieser christlichen Urgemeinde zusammen.

Da fangen aber diese Hellenisten, diese Ausländer, auf einmal an sich zu beschweren. Sie werden benachteiligt. Also die kommen so einfach daher und nehmen sich Rechte heraus. Ja geht denn das?

Nein, das geht nicht - zumindest nicht ohne sicherlich heftige Diskussionen. So war das eben, damals vor langer Zeit - heute sind wir ja viel zivilisierter. Diese Unstimmigkeiten führen jedenfalls dazu, dass die Zwölf einschreiten. Sie rufen alle zusammen und erklären zunächst, dass sie sich nicht um diese Dinge kümmern können. Sie sind für Gebet und Glaubensunterweisung zuständig. Aber sie rufen die Gemeinde auf: Wählt! Wählen ist zwar nicht ganz unbekannt zu dieser Zeit, die Wiege der Demokratie steht bekanntlich im antiken Griechenland. Trotzdem ist das ein ungeheurer Vorschlag. Und er wird mit Begeisterung angenommen. Die Apostel geben aber auch die Richtung vor: guter Ruf, voll Geist und Weisheit. Wer wählt, der trägt auch Mitverantwortung. Neben der Wahl von Personen wird damit oft auch eine Richtung gewählt, in die sich die Gemeinde entwickeln wird.

Heute sind Wahlen für uns selbstverständlich. Rufen sie noch Begeisterung hervor? Oder sind sie lästig?. Sind wir uns bewusst, welch kostbares Gut wir damit haben?

Die Gemeinde wählt, die Apostel übertragen die Aufgaben im Gebt und durch Auflegen der Hände. Die gewählten Männer tragen Verantwortung und müssen das Vertrauen rechtfertigen. Sie können aber ihrerseits auf den Segen Gottes für ihren Dienst vertrauen. Letzteres ist etwas, was in unserer Zeit leider immer mehr verloren geht. Der Segen Gottes für das eigene Leben gilt immer mehr als verzichtbar. Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein erfahren Steigerungen, die im Egoismus gipfeln. Dieser lässt keinen Platz mehr für Mitmenschen und schon gar nicht für Gott.

Die ganze Gemeinde wählt, also Hellenisten und Hebräer. Und sie wählen sieben Männer mit griechischen Namen, also Hellenisten, eben diese Ausländer, für diesen Dienst. Die hellenistischen Christen erhalten damit eine eigene Organisationsstruktur. Diese Eigenständigkeit führt aber nicht zur Trennung sondern zu dem einen Leib mit den vielen Gliedern, den Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth erwähnt (1 Kor 12).

Könnte diese Vorgangsweise auch ein Vorbild für unsere Zeit sein? Gibt esüberhaupt solche Probleme bei uns? In der Familie? In der Pfarre? In unserer Stadt? Mitsprache und Eigenständigkeit für diese "Anderen". Welche Auswirkungen hätte das? Vielleicht gibt der letzte Vers eine Antwort:„Und das Wort Gottes breitete sich aus …”

Christian Schweitzer,
seit 1978 Mitarbeiter in unserer Pfarre,
Kommunionspender und Lektor,
Gestalter und Verantwortlicher für diese Homepage


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